Dyslexie

Dyslexie ist mehr als nur ein paar Rechtschreibfehler oder langsames Lesen. Hier erfährst du, was wirklich dahintersteckt, wie sich die Störung bemerkbar macht – und warum betroffene Menschen oft ganz besondere Stärken mitbringen.

Fast jeder 2. Legastheniker ist über 45 Jahre alt

13 von 20 Patienten erkranken vor dem 25. Lebensjahr

1 von 10 Menschen hat Dyslexie

Daten zur Dyslexie

Statistiken machen sichtbar, was oft übersehen wird: Neurodivergenz ist kein Randthema. Hier findest du Daten, die zeigen, wie verbreitet und vielfältig neurodiverse Profile sind.

5-10%

der Bevölkerung in Deutschland haben Dyslexie

58,4% vs 41,6%

Männer sind häufiger betroffen als Frauen

46,9%

Menschen über 45 Jahren machen den größten Teil der Legastheniker aus

Definition der Dyslexie

Dyslexie, auch bekannt als Lese-Rechtschreib-Störung, ist eine neurobiologische Störung der Sprachverarbeitung. Sie äußert sich vor allem durch erhebliche Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben. Dabei ist nicht das Sehen oder Hören gestört, sondern die Fähigkeit des Gehirns, gesprochene Sprache mit geschriebenen Zeichen in Verbindung zu bringen. Wenn diese Schwierigkeiten schon in der Kindheit auftreten, spricht man von Entwicklungsdyslexie. Sie kann aber auch angeboren sein und bleibt oft lebenslang bestehen, unabhängig von der allgemeinen Intelligenz der betroffenen Person.

Andere Bezeichnungen

Wer ist betroffen?

Komorbiditäten

Dyslexie wird häufig bei Kindern im Grundschulalter erkannt, wenn Lesen und Schreiben verstärkt in den schulischen Alltag rücken. Ohne gezielte Förderung können die Schwierigkeiten jedoch bis ins Erwachsenenalter bestehen bleiben.Mit rechtzeitiger Diagnose und passender Unterstützung ist es möglich, einen erfolgreichen Lernweg einzuschlagen – auch wenn er manchmal anders verläuft als bei anderen.

Dyslexie wird im deutschsprachigen Raum häufig auch als Legasthenie bezeichnet. Weitere Begriffe, die gelegentlich verwendet werden, sind Lese-Rechtschreib-Störung oder Sprach- und Rechtschreibstörung. Wichtig ist: All diese Begriffe meinen im Kern das Gleiche – eine spezifische Schwierigkeit im Umgang mit geschriebener Sprache.

Viele Kinder mit Dyslexie haben zusätzlich mit weiteren Herausforderungen zu kämpfen. Häufig treten gleichzeitig eine Rechenschwäche (Dyskalkulie), eine Aufmerksamkeitsdefizitstörung (ADS oder ADHS) oder emotionale Belastungen wie Angst oder geringes Selbstwertgefühl auf.Besonders wenn mehrere schulische Fertigkeiten betroffen sind, spricht man von einer kombinierten Störung. Wichtig ist deshalb ein ganzheitlicher Blick bei der Diagnose und Förderung.

Weitere Auffälligkeiten und Stärken

Oft fällt es betroffenen Kindern schwer, sich Reihenfolgen zu merken, etwa beim Auswendiglernen oder beim Alphabet. Auch Wortschatz und Ausdruck können beeinträchtigt sein.Gleichzeitig zeigen viele Kinder mit Dyslexie besondere kreative Fähigkeiten, originelle Denkweisen oder ausgeprägte Stärken im mündlichen Erzählen. Ihre intellektuellen Ressourcen liegen oft in anderen Bereichen – und verdienen gesehen und gefördert zu werden.

Schreibprobleme

Auch das Schreiben ist häufig beeinträchtigt. Kinder mit Dyslexie haben Schwierigkeiten, gehörte Laute korrekt in Buchstaben zu übersetzen. Sie schreiben oft falsche Buchstaben, lassen welche weg oder verdrehen sie. Die Fehler sind oft uneinheitlich – ein Wort wird mehrmals unterschiedlich falsch geschrieben. Die korrekte Rechtschreibung eines Wortes lässt sich schwer merken, was langfristig zu Frustration führen kann.

Leseschwierigkeiten

Viele betroffene Kinder können geschriebene Buchstaben nur schwer den richtigen Lauten zuordnen. Das führt dazu, dass sie beim Lesen viele Fehler machen, sehr langsam lesen und den Sinn des Gelesenen schlechter erfassen als andere Kinder. Das kann dazu führen, dass sie das Lesen vermeiden – nicht aus Faulheit, sondern weil es für sie sehr anstrengend ist.

Symptome

Kinder mit Dyslexie haben Schwierigkeiten beim Lesen und/oder Schreiben, obwohl sie normal intelligent sind und keine Seh- oder Hörprobleme vorliegen.
Diese Schwierigkeiten zeigen sich nicht nur in der Schule, sondern auch im Alltag – z. B. beim Verfassen von Nachrichten, beim Vorlesen oder beim Lernen von Fremdsprachen. Die Symptome können sehr unterschiedlich ausgeprägt sein. Manche Kinder lesen sehr langsam, andere schreiben viele Fehler – oft beides.

Der Übergang von einer normalen Entwicklungsvariante zu einer behandlungsbedürftigen Störung ist oft fließend.

Ablauf der Diagnose

Eine Diagnose sollte möglichst früh erfolgen – am besten, sobald die ersten auffälligen Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben auftreten.
Zunächst wird meist ein Gespräch mit den Eltern geführt. Dabei geht es um Fragen wie: Welche Schwierigkeiten zeigt das Kind genau? Gibt es familiäre Häufungen? Hat das Kind auch in anderen Bereichen Lernprobleme oder zeigt es eine hohe Motivation beim Lesenlernen?

Dann folgen verschiedene Tests:

  • Seh- und Hörtests, um Sinnesbeeinträchtigungen auszuschließen
  • EEG (Elektroenzephalografie), um mögliche neurologische Auffälligkeiten sichtbar zu machen
  • Intelligenztest, um sicherzustellen, dass die Schwierigkeiten nicht auf eine generelle Minderbegabung zurückgehen
  • Dyslexie-Test, bei dem die Lesefähigkeit direkt überprüft wird – zum Beispiel durch Vorlesen eines Textes

Die Diagnose sollte immer durch Fachpersonen gestellt werden – etwa durch Kinder- und Jugendpsychotherapeutinnen, Fachärztinnen für Kinder- und Jugendpsychiatrie oder speziell geschulte Psycholog*innen. Bei Erwachsenen ist die Diagnose oft schwieriger, aber grundsätzlich auch möglich.

Aufklärung und Umfeldarbeit

Ein wichtiger erster Schritt ist es, das soziale Umfeld zu informieren: Lehrkräfte, Mitschülerinnen, Freundinnen und Verwandte sollten wissen, was Dyslexie bedeutet – und was nicht. Verständnisvolle Begleitung kann den Druck deutlich verringern und ein unterstützendes Lernumfeld schaffen.

Gezielte Förderung durch Fachpersonen

Therapeutische Fördermaßnahmen sollten individuell zugeschnitten sein. Spezialisierte Therapeut*innen arbeiten mit den Kindern systematisch an den Grundlagen: von der Buchstabenerkennung über das Bilden von Silben bis hin zu ganzen Wörtern und Sätzen. Auch die Regeln der Rechtschreibung werden geübt – immer in einem Tempo, das dem Kind entspricht. Motivation und Erfolgserlebnisse stehen dabei im Mittelpunkt.

Langfristige Strategien und Selbstwertstärkung

Gerade wenn die Dyslexie auch das Selbstwertgefühl beeinträchtigt hat, kann eine begleitende psychotherapeutische Unterstützung sinnvoll sein. Dabei geht es darum, Frust abzubauen, individuelle Lernstrategien zu entwickeln und neue Zuversicht aufzubauen.Auch für Jugendliche und Erwachsene kann diese Kombination aus Förderung und emotionaler Stärkung eine wertvolle Hilfe sein.

Therapie

Ziel der Therapie ist es, Kinder und Erwachsene mit Dyslexie gezielt zu fördern – nicht zu „korrigieren“, sondern zu unterstützen.
Die passende Therapieform hängt vom Alter, den individuellen Schwierigkeiten und den vorhandenen Ressourcen ab. Wichtig ist, dass sie frühzeitig beginnt und regelmäßig stattfindet. So lassen sich nicht nur Lesekompetenz und Rechtschreibsicherheit verbessern, sondern auch das Selbstbewusstsein und die Freude am Lernen stärken.

ABER!

Dyslexie bedeutet nicht, dass man weniger klug ist und auch nicht, dass man automatisch eine Therapie braucht. Sie kann aber sehr hilfreich sein, um gezielte Unterstützung zu bekommen, mit der Lesen und Schreiben leichter fallen und die eigenen Stärken sichtbar werden.